250 Jahre Wallfahrtkirche Mariaort
Zunächst eine kurze Beschreibung der Geschichte der Wallfahrtskirche Mariaort aus der Sammlung von Egon Gröschl:
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Sammlung Gröschl: Kopie vermutlich aus dem "Sulzbacher Kalender" |
Von der Entstehung der Marienwallfahrt in Mariaorth berichtet ein "Flugblatt", das ich von Herrn Sack
erhalten habe.
Im Staatsarchiv Landshut gibt es einen Akt der Kirchenadministration in Straubing, der sich mit dem großen Umbau der Mariaorter Wallfahrtskirche im Zeitraum von 1769 bis 1775 beschäftigt. (StA Landshut Kirchenadministration A 93)
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Foto Pongratz: Wallfahrtskirche Mariaort im Februar 2023 |
Der Bauakt beginnt mit einem Schreiben des Kelheimer Kastenvogtgerichts vom 18. Februar 1769 und stellt durch seine Struktur bereits ein Antwortschreiben dar, auf eine - nicht im Akt überlieferte - Aufforderung der Regierung in Straubing, da der Kelheimer Verweser Johann Lorenz Paur davon spricht, dass er mit seinem Schreiben einer Aufforderung der Regierung vom 16. November des Vorjahres nachkomme.
Die Regierung in Straubing hatte das Kastenvogtamt Kelheim - mit strafbewehrter Angabe einer Frist - aufgefordert, über den "Kirchenpau zu Ohrt" und den Eilsbrunner Pfarrer zu berichten und darüber auch einen "Riss: und Yberschläge" - also einen Bauplan und Angebote - machen zu lassen.
So ganz an die geforderte Frist von 2 Wochen hatte sich der Verweser des Kastenvogtgerichts, Johann Lorenz Paur, mit seiner Antwort nicht gehalten. Anstelle der gewünschten 2 Wochen hatte er sich gut 6 Wochen Zeit gelassen, aber immerhin.
Aus dem Kontext seines Schreibens: "Da nun der Kürchenpau zu Aufrecht-Haltung, villmehr widerummiger Emporbringung der Uralten Wallfaht höchst nöthig", und aus Einlassungen in einem folgenden Brief, kann man wohl schließen, das mit dem Bau, respektive mit dem vorherigen Abriss des alten Baukörpers, bereits begonnen worden war.
Der Eilsbrunner Pfarrer Hopp habe versprochen - solange der Kirchenbau dann eben dauern würde - jährlich 100 Gulden aus eigenen Mitteln beizutragen. Im Mariaorter - "Zöchschrein" (= die von dem Kirchenprobst zu verwaltende Kirchenkasse) sei so viel an Geld vorhanden, dass mit dem Bau zumindest bereits schon mal begonnen werden und mit dem Inhalt des Eilsbrunner Zechschreins das Ganze auch zu einem guten Ende gebracht werden könne.
JL Paur, der Kelheimer Verweser, reicht den Bauplan zusammen mit der vorläufigen Baukostenschätzung über gut 4030 fl bei der Regierung ein, und bittet die Regierung, dass der Pfarrei Eilsbrunn erlaubt werde, diese Baukosten vorzuschießen. Diesen als Bitte vorgetragenen Vorschlag untermauert der JP Paur noch mit dem Hinweis, dass "bevorab lestberührtes Pfarrgotts-Haus ehevor solches zu mitlen gekommen, von diser Filial-Kürchen unterhalten worden". Es scheint also so gewesen zu sein, dass in vorherigen Jahrhunderten die "reichere" Wallfahrtskirche Mariaort die "ärmere" Mutterkirche Eilsbrunn alimentiert hatte. Darüber hinaus bittet der Verweser auch darum, dass Mariaort einzelne Schuldposten, die unverzinslich an mehrere andere Pfarrkirchen ausgeliehen worden waren, nun kündigen dürfe. Auf gut 104 Gulden beliefen sich diese unverzinsten Aktiva.
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Anzaig
Was und wieviel das Wahlfahrts Gottshauß Ohrt auswärtigen Gottshäusern an unzünsbaren Capotalien zufordern habe, Verfasst den 23ten Masy ao 1769 Von Gottshaus Mindraiching Ghrts Haidau 20 fl Von Gotthaus Kneitting Ghrts Statt am Hof 40 fl Gotthaus Schierling Landtghrts Kelham 20 fl 30 xr Ermeltes Gotthaus Schierling 10 fl Gotthaus Pfätter dortiger Probstey 14 fl Unterschrift: Johann Lorenz Paur Verweser |
Nach dem (Antworts-) Schreiben für die Regierung und einer offensichtlichen Nachfrage von Seiten der Kirchenadministration in München schreibt Paur im Mai 1770 erneut an die Regierung in Straubing, und geht zunächst vor allem auf die Rückforderung der gut 104 Gulden von den anderen Pfarrkirchen ein.
In diesem Schreiben argumentiert geht er auch mit der Wallfahrt selber und schreibt:
"...das dieses eine uralt wunderthätig wohlbeträchtliche auch vast täglich absonderlich an denen Frauentägen sehr frequentierte Wahlfahrt seye und zur Herstellung dieser Filial die höchste Nothwendigkeit antreibe." Dies ist der zweite Hinweis, dass die Wallfahrtskirche Mariaort im Jahre 1769/70 bereits eine Baustelle gewesen ist, der Bau somit zu dem Zeitpunkt bereits im vollem Gange war.
In seinem zweiten Schreiben möchte der Verweser aber die Genauigkeit seiner ursprünglichen Kostenschätzung nicht mehr stehen lassen; dies um so mehr "zumallen nicht bekannt, was und wievill von ainigen Guettthätern am materialien gratis beygeschafft werden würdt."
München und nachfolgend auch die Kirchendministration genehmigen grundsätzlich die Entnahmen der Baugelder aus dem vorhandenen Kirchenvermögen der beiden Kirchen. Beiden Behörden ist es jedoch besonders wichtig, die vom Eilsbrunner Pfarrer Hopp zugesagten jährlichen 100 Gulden sich vom Pfarrer zusichern zu lassen.
Im Jahre 1771 - der Abriss der alten Kirche ist erfolgt und der Bau schreitet voran - stellt sich allerdings heraus, dass die Barmittel, die in den "Münzzetteln" beider Kirchenrechnungen ausgewiesen sind, bei weitem nicht ausreichten, um den Bau fertigstellen zu können und sowohl der Verweser Paur als auch der Pfarrer Hopp suchen um Genehmigung nach, weitere Finanzquellen zu erschließen. Vor allem andere Pfarrkirchen sollten hier einspringen bzw. mit lange ausstehenden Rückzahlungen aushelfen,
Aus einem Schreiben des Eilsbrunner Pfarrers Hopp erfahren wir weitere Details des Kirchenbaus.

"Unterthänigist gehorsambster
Joan. Franc. Bened. Hopp
Pfarrer allda Mpia (=manu propria =durch eigene Hand = eigenhändig)
Pfarrer Hopp schreibt, dass sich bereits beim Abbruch der alten Kirche im Jahre 1769 - ad oculum - gezeigt habe, dass die neue Kirche von Grund auf hatte erbaut werden müssen. Die Bausubstanz des Vorgängerbaues hatte wohl eine schlichte Erweiterung nicht zugelassen.
Verweser Paur konstatierte im Frühsommer 1771, dass "
zu gegenwärtiger Stunde auch die Grundveste- und hirauf nach dem Riß ein weniges an Gemauer hergestellt" sei und auch "
die Zimmerleute haben deren benöttigte Arbeit unter Hand"
Beide Schreiben bitten München und die Regierung in Straubing um die Zuweisung kurzfristiger Mittel. Vor allem Pfarrer Hopp geht der so lange - für ihn wohl zu lange - andauernde Bau an den Geldbeutel und so werden seinen Bittbriefe um Hilfsgelder immer dringender, er befürchtete sogar, dass der Bau aus Geldmangel eingestellt würde.
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Foto Pongratz: Die Inschrift in der Kirchendecke im Übergang vom Kirchenschiff und dem Altarraum spricht von einem Einweihungsdatum MDCCLXXIV. also 1774. "Dieses Haus wurde zu Ehren der göttlichen Jungfrau und wundertätigen Mutter Maria in Orth im Jahre MDCCLXXIV geweiht"
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Es wird Mai 1772 und dem Eilbrunner Pfarrer Hopp läuft die Zeit davon, weil seit seinem letzten Brief - vom Oktober des Vorjahres - in Hinblick auf seine benötigten Geldmittel noch nichts entscheidendes passiert ist.
Schuld ist seiner Meinung nach der Kastenvogtgerichtsbeamte in Kelheim. Hier gleich die erste Seite des Brandbriefes des Pfarrers Hopp an die Regierung und, wie damals üblich, schreibt der Pfarrer eingesprengte lateinische Wörter nicht in der Kanzleischrift, sondern mit lateinischen Buchstaben.
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(StA Landshut Kirchenadministration A 93) |
Durchleüchtigster Churfürst gnädigister Herr, Herr
Eur chrfrtl. Drlt. haben dem Kellheimbischen Castenvoggtgerichts Beambten schon sub dato 29. octobris abgewichnen Jahrs 1771 den gnädigsten Auftrag gethan zu Fortsezung des angefangnen Ortischen Kürchenbaus die ausständige Interessen Effective einzubringen, und obschon zum öfftern darauf negiret, hab ich doch bis dato kein Effect verspihrt, dass aso anheur die schönste Bauzeit fortsezen ware, weil verwichnes iahr die Zechschrein Paarschafftenn völlig erschöpfet, auch ich über das daran empfangne gelt mehr dan 800 fl ex propriis vorgeschossen habe, mithin auch nit weiters mehr vorstreckhen kan.
Ich hab zwar von dem Eylsprunn Zechprobst verstanden /: dan kein Kürchrechnung schon 2 iahr gehalten worden:/ das besagte Castenvoggtgerichts Beambte den jüngsthin verwichnen 13. May die Debitores nachher Kellheimb citiren lassen, sye aber wenig oder gar kein Interesse von solchen abgerichtet worden, sondern ieder habe ain Abschiedgelt bezahlen müessen. Das heist warhafftig Effective eintreiben sulices (wohl direkt) in den Beutl des Beambten aber nit zum Nuzen der Kürchen. Ich kan mir zwar leicht einbilden, das disser Beambte ex inveterata passione und mir zum Trotz die Eincassierung nit betreiben will, es hat aber die Kürchen doch......
Unter "Interesse" ist hier die Zinszahlung für die aufgenommenen Schuldkapitalien zu verstehen.
"ex inveterata passione" würde ich mit " aus alter Abneigung" übersetzen.
"ex propriis" bedeutet hier "aus der eigenen Tasche"
Die Kirchenadministration in Straubing weist zwar den Kelheimer Beamten an, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, bevor dieser jedoch geantwortet hatte, schob Pfarrer Hopp gleich noch drei Briefe nach, Briefe, die uns ein paar interessante Details übermitteln.
In seinem ersten - von drei - Schreiben - vom 1. Juni 1772 - erfahren wir von einer mangelhaften Bauausführung der "Galgenberg=Fenster" durch den Stadtamhofer Glaser Wolfgang Böhm. Der "Galgenberg" ist die zum Mariaorter Kirchenkomplex gehörige und weit sichtbare kleine Kapelle am Felsensporn in Richtung auf die Donau zu. Der Glasermeister hatte offensichtlich nicht nur mangelhafte Arbeit abgeliefert, sondern, um dem ganzen noch den Gipfel aufzusetzen, hatte er - bzw. seine Kinder und Erben, denn der Glasermeister war mittlerweile verstorben - sein Angebot erst nach Abschluss seiner Leistungen vorgelegt und Pfarrer Hopp weigerte sich nun diesen Baurapport zu unterschreiben und somit die Leistung zu bestätigen. Ein von ihm beauftragter Kelheimer Gutachter bestätigte die Baumängel und, um die leidige Angelegenheit abzuschließen, bietet er an, einen weiteren unparteiischen Gutachter hinzuzuziehen, allerdings weigert er sich gleich sicherheitshalber, solch einen Gutachter auch bezahlen, zu müssen, denn: "Die Kürchen v. Orth hat dermahlen das Gelt nit zum hinschenckhen."
Sein nächster Brief - 25.7.1772 - hat einen ernsteren Inhalt und hängt, wie sich aber erst in der erklärenden Antwort des Kastenvogtgerichts (KVG) zeigen wird, mit einer landes - eher europaweiten - Nahrungsmittelkrise zusammen.
Pfarrer Hopp beschwert sich, das das KVG bei einer anstehenden Vergandterung (Zahlungsunfähigkeit mit drohendem Zwangsverkauf) eines Bauern Hackelsberger aus Dietenhofen, zuviele Jahre ausstehenden Zinszahlungen einfach zugesehen hätte, bis sich nun zu den 30 Gulden der Kreditsumme sogar fast noch einmal eine solche Summe an nicht bezahlten Zinsen aufsummiert hatte. 24 Gulden 30 Kreuzer war der Bauer bereits an "Interessen" im Rückstand.
Der vom KVG vorgeschlagene Nachlass von 50 Prozent der Schulden - Pfarrer Hopp nennt dies "Halbscheid" - kommt für ihn nicht in Frage, weil Eilsbrunn bereits jetzt schon nicht mehr wisse, wie sie die laufenden Ausgaben stemmen sollte. Als Beispiel, wie sehr die Finanzmisere Eilsbrunns sich bereits im täglichen Leben der Pfarrkirche auswirkte, führt er das "ewige Licht" in der Kirche an, das sie auslöschen mussten.
"......ansonsten nicht einmal die expensae ordinariae (die gewöhnlichen Ausgaben) können bestritten werden, wie es lesteres Iahr ergangen ist, wo auch so gar das Baumöhl nit bezahlt worden, dahero dan der Baumöhlverleger kein Öhl mehr hat borgen wollen, und aso aus abgang des Öhls defacto in der Pfarrkürchen das ewige Licht hat müssen ausgelöscht werden, auch hinfüro dergleichen Auförn werden sich eraignen, wan der Kürchen ihre Zinsen und Interessen nit fleissiger eingetrieben werden. ....."
Das Schreiben des KVG Verwesers Paur kreuzte sich mit dem Brief des Pfarrers; trotzdem ging auch er auf die causa Hacklsberger ein und stellte seine Sicht der Dinge dar, indem er herausstrich, dass ein Bestehen auf einen Konkurs, nicht nur viele der anderen Kreditoren leer ausgehen lassen würde, sondern vermutlich zwar die Zinsen eingetrieben, nicht jedoch die Schuldsumme selber erzielt werden könnte. Er rät zu einem Schuldenschnitt; auch um den Hacklsberger und seine Familie in Würde im Haus verbleiben lassen zu können.
Pfarrer Hopp lässt sich offensichtlich davon überzeugen, denn in seinem nächsten Brief, geschrieben im Oktober 1772 spielt die Sache Hacklsberger keine Rolle mehr, vielmehr ärgert es ihn, dass die Rechnungslegung der Pfarrei Eilsbrunn, - das KVG Kelheim hatte hier die Federführung und Aufsicht inne - der beiden Vorjahre noch nicht abgeschlossen war und er sogar noch auf Teile seiner eigenen Besoldung warte. Der Gipfel der Frechheit war für ihn aber, dass, als er nach Kelheim reiste, um dort - wie ihm angeblich zugesagt worden war - seine ausstehende Besoldung abzuholen, er dort schnöde mit der Aussage: "Es seye dermahlen kein Gelt vorhanden" kalt abserviert worden war.
Mit diesem Brief erfahren wir auch fast nebenbei, dass "defacto /:Gott sei Lob:/ - der Kirchenbau - unter dem Dache stehet."
Pfarrer Hopp fordert also die Kirchenadministration auf, Druck auf das KVG auszuüben, die fehlenden Abrechnungen seit 1770 schleunigst nachzuholen und ihm auch den noch ausstehenden Lohn zu bezahlen.
Die Regierung in Straubing ist offensichtlich "not amused" und fordert das KVG Kelheim mit einer sehr kurzen Frist auf, umfänglich zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Der KVG Verweser Johann Lorenz Paur bleibt innerhalb der gegebenen Frist und legt los gegen den Pfarrer Hopp.
Auf ganzen 23 Seiten zerlegt er die Beschwerdepunkte des Pfarrers Hopp wobei sich in diesem Schriftsatz wieder einmal ein Beispiel zeigt, wie sich überregionale - hier sogar europaweite - Ereignisse im vor Ort im Kleinen auswirken können.
Mitteleuropa hatte in den Jahren zwischen 1770 und 1773 eine Erntekatastrophe zu erleiden, bei der nicht nur viele Menschen verhungerten, sondern vor allem auch die Finanzströme empfindlich unterbrochen wurden, weil die Lebensmittelpreise explodierten.
Wer sich hierüber genauer informieren möchte, kann dies unter folgendem link gut nachlesen.
JL Paur beginnt in seiner Rechtfertigung mit Hopps Beschwerde, dass er in Kelheim kein Geld erhalten habe und daher noch immer auf seine Restbesoldung warten würde. Daran sei Pfarrer Hopp, der im Übrigen bereits früher durch "verwirrt und grundlose Beschwerden" aufgefallen sei, selber schuld, da er selber hätte wissen müssen, dass der Zechschrein (= die Barkasse der Pfarrkirche) wegen des Baues bereits "völlig ausgeleert" worden war.
Daran hatte sicherlich auch die "vorgewesten Mißjahr und abgewlt allgemeine Noth" mithineingespielt, hauptsächlich jedoch sei es der Pfarrer selber gewesen, der zwar bei einigen Schuldnern "keine Ruhe gegeben , bis er das Geld durch beständiges Schreiben und Schicken zu dem orthischen Kirchenbau herausgepresset" habe andererseit jedoch " bey dem Gotts= und Schulhaus zu Eulsprunn viele unnöthige reparationes vernemmen lassen und verschiedene Kirchen Einrichtungen beygeschaffet, ohne bey disortigen Kasten Vogt Gericht zu erkundigen, ob und wie weit hierzu die jährlichen Einkünften hinreichend seyen."
Dem Zechprobst, der vor Ort die Gelder verwaltete - und eigentlich mit seinem eigenen Vermögen für die Korrektheit der Abrechnung gutzustehen hatte-, waren die Hände gebunden, als der Pfarrer Ausgaben anordnete, die er dann aber aus Mangel an Geld im Zechschrein nicht bezahlen konnte. Es blieb ihm gar nicht anders übrig, als diese Ausgaben/Bescheinigungen auf das jeweils nächste Jahr zu übertragen, was die Erstellung der Jahresrechnungen gleichzeitig erschwerte bzw. verhinderte.
Aus eben diesem Grunde sei " der Pfarrer mit seinem vormemerkten Besoldungsrest hindan gerichtet worden.
Der zweite Punkt betrifft den Vorwurf, der Beamte würde die Zinszahlungen der Schuldner nicht energisch betreiben und sei sogar "saumselig und moros". (moros = mürrisch, verdrießlich)
Paur stellt fest, dass die Zinsausstände noch nie so groß gewesen waren, wie "selbe erst seit anno 1769 her angewachsen, als in welchem Jahr die Mißjahre eingefallen, und hieraus aller orten große Noth und Theuerung enstanden, wo folglich von den Unterthanen nicht einmal die Landesherrliche und Landschaftlichen Oblagen, weniger ein Interesse Geld, ungeachtet Sie hierum alle Jahrs her obrigkeitlich geklagt wurden, zu erpressen gewesen.
Offensichtlich waren die Untertanen in diesen 3-4 Jahren nicht einmal in der Lage gewesen ihre normalen Abgaben zu bezahlen, von den Zinszahlungen ganz zu schweigen.
Auch die Stadt Kelheim, bei der Pfarrei Eilsbrunn mit 2600 Gulden in der Kreide und ebenso wenig der Kelheimer Gastwirt Ferdinand Kaasirer - mittlerweile pleite - mit 1000 Gulden, als die zwei größten Schuldner und Zinszahler sind bereit seit 5 Jahren mit ihren Raten im Rückstand.
Bei diesem letzten Schuldner wurde aber bereits ein Versteigerungsverfahren eingeleitet.
Hintergrund dieses allgemeinen Zahlungsrückstandes waren mehrere Misserntejahre hintereinander.
In den Jahren zwischen 1769 und 1772 war es in Mitteleuropa aufgrund von Wetterextremen zu mehreren Misserntejahren gekommen, weshalb die Bewohner Bayerns offensichtlich nicht einmal mehr in der Lage gewesen waren, ihre normalen Steuern, hier "Landesherrliche und Landschaftlichen Oblagen" genannt, zu bezahlen, geschweige denn die Schuldzinsen ihrer Kredite zu bedienen.
In manchen Fällen kam es wegen der zahlungsausfälle dann zur sogenannten "Verganterung" und danach zu einem Konkursverfahren mit Zwangsversteigerung.
Solche Zinseinnahmen aber waren die Haupteinnahmequelle aller Pfarreien und so auch für Eilsbrunn. Der Bau der Mariaorther Wallfahrtkirche drohte aus Geldmangel eingestellt zu werden.
Nach den Vorwürfen des Pfarrers Hopp wegen der verzögerten Rechnungslegung - siehe oben - verteidigte sich der Kastenamtsverweser zunächst mit seiner Arbeitsüberlastung und danach legte er gegen den Priester Hopp los und hier erfahren wir auch Details über die Ausgaben, wie Pfarrer Hopp - an der "Aufsichtsbehörde" und dem Zechprobst vorbei - vorgenommen hatte.
Für die Orgel in Eilsbrunn und für neue Messgewänder - "Alben - hatte er Gelder verwandt, die eigentlich dem Bau hätten dienen sollen.
Als Paur die - von Hopp ja geforderten - Rechnungen vorliegen hatte und Pfarrer Hopp aufgefordert worden war, zur Unterschrift nach Kelheim zu kommen, sei dieser ohne Absprache plötzlich vor Ort aufgetaucht und hätte danach die Unterschrift verweigert, weil darin die von ihm angeordneten, jedoch nicht autorisierten Sonderausgaben nicht aufgeführt waren.
Unverrichteter Dinge sei Hopp wieder abgereist, um nun nachträglich die fehlende Rechnungslegung zu kritisieren.
Den Bauplan und die Kostenschätzung des Kirchenbaus - Riss und Überschlag genannt - hatte Hopp von dem Stadtamhofer Maurer Christoph Thomas Wolf und dem Zimmermeister Johann Georg Rieschammer erstellen lassen und als Paur auf diese Kostenschätzung verwiesen hatte, habe Hopp sinngemäß geantwortet, er hätte diese absichtlich gering einschätzen lassen, um den Bau genehmigt zu bekommen, sollte es später teurer werden, dann " kann man schon weiters ratification einholen"
Pfarrer Hopp hätte gegen ihn schon lange eine "innere Passion" - also eine Abneigung - weil Paur sich für den Umbau der Kirche lieber den Herrn Prälaten des Klosters Prüfening gewonnen hätte, die diesen Umbau auch viel leichter hätten stemmen können, jedoch sei Hopp sowohl beim "Geistlichen Rat" in München und bei der Kirchenadministration in Straubing vorstellig geworden, die er mit seinen Vorstellungen habe umstimmen können.
Nun seien allerdings bereits 3124 Gulden an Baukosten angefallen und der Bau besteht erst aus dem gemauerten Kirchenschiff und einem Dache. Mit dem Turm sei noch nicht einmal begonnen worden.
Und da mit der Stadt Kelheim und dem Brauereibesitzer Kaserer die zwei Hauptgläubiger der Eilsbrunner Pfarrei ausgefallen waren, drohte nun der Bau sogar eingestellt zu werden.
Obwohl die Regierung bereits die Hand auf die Gefälle des braunen Brauhauses in Kelheim gelegt hatte, und auch den Konkurs des Kaserers eingeleitet hatte, beides Maßnahmen, um den Eilsbrunnern zu einigen ihnen zustehenden Einnahmen zu verhelfen.
Da beides noch in der Schwebe lag, schlägt Paur vor auf seinen ursprünglichen Plan zurückzukommen und das Kloster Prüfening ins Boot zu nehmen, die dabei dann die fehlenden Baukosten - zinslos - zur Verfügung stellen könnten.
Dem Pfarrer Hopp bescheinigte er nicht nur eine eher schlampige Ausgabenkontrolle - ja sogar, siehe obiges Zitat, eine absichtliche Verschleierung der tatsächlich zu erwartenden Baukosten.
Darüber hinaus trage dieser wegen seiner "eigenwilligen und meistentheils unverständigen Bauführung"
die Hauptschuld für diese Steigerungen.
Hopp habe keine "genuegsame Einsicht" und will sich auch nicht von "anderen verständigen Leuthen nichts einratten" lassen, "folgsam ihm die Arbeitsleute nur verlachen" würden.
Paur hoffe, dass die Regierung in Straubing (genauer die Kirchendeputation in Straubing) seinen Ratschlägen folge und verblieb....
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Unterthänigst Gehorsamster Johann Lorenz Pauer Mp Verweser datiert den 22.Xbris anno 1772 |
Die Kirchenadministration in Straubing, die die umfangreiche Stellungnahme des Kastenvogtgerichtsbeamten erhalten hatte, ließ sich 2 Monate Zeit für ihre Antwort und schrieb danach an den Pfarrer Hopp - in eigentlich, nach den heftigen Vorwürfen von Seiten Paurs aus Kelheim, sehr verständnisvollem Tonfall -, dass es halt momentan schwierig sei, Gelder einzutreiben oder einem drohenden Bankrott von Schuldnern vorzugreifen, und es eigentlich nur zwei Möglichkeiten gäbe.
"
So seind nur mehr zween weeg übrig; nemlich das man mit dem Bau genzlich an sich halte, bis Zins und ausstand bey anhoffent bessern Zeiten eingebracht werden können, oder das gegen widerumige ersaz ohne Zins ihr aus neuen mitln den angefangenen Bau vollendet.... Hierüber gewarthigen wir euer erklerung.
"Übrigens", so schrieben die Straubinger dem Eilsbrunner Pfarrer noch ins Gebetbuch
, "hoffen wir ihr werdet Euch firwerts mit dem Beamten so vertragen, daß wir von ferneren Beschwerden enthoben werden, gleich wir auch dem Beamten das erforderliche dissfahls bedeiten lassen haben."
"Nota: dem Beamten zu Kelhaim mit dem letzten Anhang"Das Schreiben an den Pfarrer ging mit Datum des 5.3.1773 ab, auch dieser ließ sich fast 2 Monate Zeit mit seiner Antwort, vermutlich hatte es solange gedauert, bis er seine bisherigen Bauabrechnungen beisammen hatte und präsentieren konnte.
Hier der Anfang seines langen Antwortbriefes:
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Durchleuchtigster Churfürst gnädigster Herr, Herr
Von einer hochlöbl. Kürchendeputation in Straubing ist mir sub dato 5. Marty anni currentis der schmerzliche Vorwurf gemachet worden, als hätte ich den Kürchenbau in Orth mehrer gehemmet als befördert, welcher Vorwurf wahrhafftig den Muth und Eifer eines Pfarrers mehr hemmen als aufmuntern mus. Darf wohl sagen, das wan ich nit durch vorstreckhung meines gelts den Bau hätte fortgesezet, so liegete selber noch defacto auf dem Plaz und wären die Materialien halb zu grund gegangen. Das neue Gottshaus haltet in der Länge 118 Schuech in der Liechte: in der Braithe aber 38 Schuech: und in der Höch 40 Schuech: der Grund hat in der Tiefe und Braithe 7 Schuech. Der Anfang zum Grundlegen ist gemacht worden dem 11. April 1771 und dem 10 Octobris 1772 ist das Zimmer gehebt, und das Gebau vollkommen unter das Dach gebracht worden, welche Zeit wahrhafttig nit vor lang anzusechen ist /:wie man mir in den Schreiben hat wollen zu verstehen geben :/ anerwogen ein so grosses gebau nit in ainem iahr kan aufgefihrt werden, wie ein ieder maister wird beurtheilen müessen. Wäre mir auch ganz recht gewest, wan es dem Mauerer und Zimmermaister geschwinder vonstatten gangen wäre, und mit Liferung der Baugelter besser wäre zu gehalten worden.
Was bis auf das laufente73. iahr exclusive an Materialien und Arbeithslohn consummirt seye worden zeigt die maiste /: doch nit alle:/ der beiliegende Auszug oder Specification; aus welcher ein hochlobl. Kürchen Deputation zu ersehen beliebe, das der einzige Maurer- und Zimermannslohn ohne beyrechnung der Material die Bauschillings Summe fast adaquiert, da doch das gebau erst unter dem Dach stehet, mithin wie exorbitant improportioniert die Maurer und Zimmermaister überschläg gemacht seyn worden.
Zu diesem Bau hat mir der Kellheimische Casten=Voggt=Beamte dem 6. April heurigen Jahrs 1773 mit 905 fl die so geringe Bauschilling erst vollkommen behändiget, wan ich also nit mehrer gelt, als der Bauschilling auswarf, intermim vorgestreckt hätte, so müeste ia nothwendig der Bau defacto noch auf dem Blaz ligen.
Mit was Grund kan man mir worwerfen, das ich dem Bau ehenter gehindert als befördert habe? Wahrhafttig nit, ich als der ich interim dem Bau aus meinen Peutl fortgesezt habe,....Der Pfarrer wiederholt in seiner Erwiderung nicht nur - trotz der Aufforderung von Seiten der Kirchenadministration sich mit dem Beamten in Kelheim zu vertragen und zu mäßigen - seine Vorwürfe an den Kastenvogtgerichtsbeamten Paur sondern empört sich auch darüber, dass die Straubinger Behörde diesem Manne überhaupt soviel Gehör schenkt.
Sein Kirchenbau sei auch überhaupt nicht "pompös", sondern in seiner Größe und auch Ausstattung durchaus angemessen und vieler kleinere Kirchen wären in der Vergangenheit wesentlich teurer im Bau gewesen als sein Kirchenbau in Mariaorth.
Seinem Brief beilgelegt ist auch eine grobe Auflistung einzelner Posten der bisherigen Bauleistungen
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Specification Der ienigen Unkösten, welche bey dem Kürchenbau zu Maiaorth pro anni 1770:71 et 72 auf Maurer und Zimmerman arbeith auf Materialien und Bauinstrumenter erlofen sind.
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Auf dieser Liste sind allein 16000(!) Fuhren an Rauch- oder Bruchsteinen, 48000 Ziegelsteine, 7500 halbe Ziegelsteine und 15900 Ziegeltaschen aufgeführt.
Am 3.3.1773 schrieb die Kirchenadministration sowohl an den Pfarrer als auch an den Verweser Paur in Kelheim und bat beide um Mäßigung.
Im Mai 1773 antwortete Pfarrer Hopp auf die Vorwürfe von Seiten des Verwesers und empörte sich erneut über die Zumutung, er würde mit seiner Bauführung den Bau eher hemmen als fördern.
Mit einem Schreiben vom 3.Juni 1773 wiederum möchte Straubing vom Verweser erneut erklärt bekommen, was denn für Probleme anstünden, wie die Gesamtkosten sich darstellen würden und endet seine Aufforderung mit dem Zusatz:
"sich auch mit demselben (dem Pfarrer) also zu betragen, daß der gotteshaus Bau nicht gehemmet sondern nach möglichkeit befördert werde...."
Der Verweser lässt dieses Mal nicht viel Zeit verstreichen, bestellt die verantwortlichen Maurer- und Zimmermeister am 12.7.1773 zu sich ein und schickt mit seiner Antwort auch das Protokoll dieser Befragung zurück.
Protokoll
So bey Vernehmung des Mauerer= und Zimmermeisters zu Stadt am Hof wegen dem noch nicht völlig hergestellten Kirchenbau zu Mariaorth, und was über das bereits hergestellte noch für weitre Arbeit und Unkosten erforderlich seyn dürften, gehalten worden den 12ten Junius ao 1773.
Christoph Thomas Wolf, und Johann Georg Rieghammer beyde Werkmeister bey dem Gottshausbau zu Mariaorth geben auf geschechenes Fürfordern und dem gemachten Vorhalt soviel ad protocollam zu vernehmen, wasmaßen erholter Maurermeister Wolf gleich anfänglich auf Verlangen des H: Pfarrers zu Eulsprun die neu herzustellende Kirche auf 106 Schuhe lang im Riß entworffen, und hierüber einen Überschlag von 5000 fl verfasset; Da aber dieser Riß und Ueberschlag dem H: Pfarrer gewiesen wurde und selben solche Unkosten zu viel geschienen, habe derselbe ein=....
Als die Kosten für Pfarrer Hopp aufgrund des Planes und des Kostenvoranschlags zu große erschienen - wohl fürchtete er um die Genehmigung - veranlasste er, dass der Bau kleiner projektiert wurde und nun der Kostenvoranschlag von 5000 auf 4030 abgeändert werden konnte, eine Bausumme, die dann ja auch genehmigt worden war.
Die beiden Baumeister sagten allerdings auch aus, dass Pfarrer Hopp, NACHDEM die alte Kirche abgebrochen war, wieder auf die Baumeister zuging und wieder die größere Bauausführung anschaffte.
Nachdem die vorher angepeilte Bausumme bereits verbaut war, kamen die beiden Baumeister auf weitere 3200 Gulden, um den Rohbau fertigstellen zu können.
Die Kosten der noch fehlenden Nebengewerke trauen sich die beiden Handwerker nicht einzuschätzen und fordern dafür eigene Angebote, so dass aber Endkosten von bis zu 12000 Gulden nicht ausgeschlossen werden können
Die Straubinger Kirchenadministration befahl nun dem Kelheimer Kastenvogtgerichtsverweser Johann Lorenz Paur, eine ganze Liste an Fragen und Aufgaben kurzfristig zu beantworten bzw. zu erledigen.
In der letzten Sitzung behandelten wir seine Antwort auf die Frage, wie die Kosten für den Bau derart aus dem Ruder hatten laufen können.
Die nächste Vorgabe war, eine Liste der "Restanten" - Schuldner bei der Kirche Mariaort und Eilsbrunn - zu erstellen, und auch Maßnahmen einzuleiten und aufzuzeigen, wie deren Zinsrückstände eingetrieben werden könnten.
Diese Gesamtliste der Schuldner wird uns nun beim nächsten Mal beschäftigen, wobei dabei sehr interessant ist, wohin überall und an wen die Kirchen Mariaort und Eilsbrunn ihre Kapitalien damals verliehen hatte.
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StA Landshut Kirchenadministration A 93 |
Protokoll
So zu unterthänigster Folge des von der churfürstlich hochlöblichen Kirchendeputation Straubing sub dato 3. Junij et praes: 20ten Julij hieher erfolgt gnädigsten Befehls bey der auf anheut mit den sämmtlichen Kirchenrestanten der beyder Gottshäuser Eulsbrunn und Orth gepflogenen Cumulativ Behandlung, gehalten worden den 28ten Augustmonaths anno 1773
Pfarrgottshaus Eulsprunische Restanten betreffend
wirkliche Schuldigkeitsbetrag:
die Gemeine Stadt Kellheim haftet ab 2600 fl: gemeinen Kapital die Interesse von ao 1768 bis inclusive heurigen Jahres ab 6 Jahren a 130 zusammen also 780 fl
Gemachte Zahlungsofferta
Vom dißortigen Pfleg=und Commissions Gerichte Kellheim ist gemäß Nebenlage die verlangte Antwort dahin erfolgt, daß selbes von noch beyhabend braunen Stadtbräuhaus administrations wegen an nebenfindigen Interesse ausstand, wenn auch ein Geld verhanden wäre, wegen von höchsten orten ergangener Inhibition aller Zahlungen, weder viel noch wenig abrichten können, also anzusezen
--fl -- xr -- H
Heer Franz Peter Freyherr von Rosenbusch auf Eichhofen und Viehhausen ab 400 fl Jahrtagskapital das dießjährige 1773te Interesse mit 20 fl
Vermög eingelaufenen Schreiben von Baron Rosenbuschische Hofmarks Gericht Eichhofen des dato 11. August sind dies Interesse stündlich zu erheben und daher zu entwerfen 20 fl.
Latus 800 fl"
Wie sich herausstellte, waren die Summen, die Mariaorth und Eilsbrunn von ihren Schuldnern zu erwarten hatten sehr viel kleiner, als es rechnerisch hätte sein müssen, da viele, vor allem der aus der Gruppe der Großschuldner, schlichtweg nicht zahlen konnten.
Zusätzlich benötigten die beiden Kirchen auch noch Summen zur Bestreitung ihres Jahresaufwandes, was die ehe schon sehr geringen Zinseinnahmen noch um ein großes Stück reduzierten.
Nach vielem Hin und Her zwischen der "Bauleitung" durch den Eilsbrunner Pfarrer Hopp und dessen "Oberaufseher", dem Kelheimer Vogtgerichtsbeamten Johann Lorenz Paur folgt nun zum ersten Male eine detaillierte Bauabrechnung, die uns viele interessante Hinweise darauf gibt, wie viele Menschen solch ein Bau Lohn und Brot gebracht hat und welch unterschiedliche Leistungen rund um solch einen Kirchenbau notwendig gewesen waren, vom Steinehauer bis hin zum Geldwechsler.
Im Text finden sich unter anderem auch ein "Bader" aus Sinzing, der einem vom Baugerüst gefallenen Mauerer kurieren sollte und ein Regensburger Jude mit Namen Alexander Löb, den der Pfarrer benötigte, um einige eingelaufene Münzen in die "richtige" Währung umzuwechseln.
Hier eine Leseprobe aus der Baurechnung:
"
Ausgab dagegenanno 1770
Nro 5 Johann Gottlieb Brunnwald hat zu Brechung der Stein auf verschiedene mal 20 Pfund Bulfer abgegeben und zusammen sag Scheins erhalten 9 fl 25 xr
Nro 6 Christian Artmann hat mit Brechungen der Stein 149 1/2 Tag ins verdienen gebracht und nach täglichen 16xr erhalten zeig Scheins 39 fl 52 xr
Nro 7 Hanns Ederer Taglöhner welcher auf obige weis 141 3/4 Tag zuegebracht und erhalten 18 xr 42fl 32 xr.
Nro 8 Andre Mirwald Schmid empfinge von Verfertigung eines Schußzeug und beschlgung des Stein Wagens zusammen 7 fl 9 xr
Nro 9 Johann Steinl Schmid zu Eulsprunn vor unterschiedlich gemachte Schmidarbeit
20 fl 52 xr
Latus 119 fl 50 xr
"Dem Bader von Sinzing wurden vor die einen Maurer welcher von dem obersten Grist unversehens herunter gefallen applizierte medicamenta bezalt "
"Löb Alexander Jud in Regensburg hat nun50 fl Landmünzen welche dem H: Pfarrer aus dem Zechschrein hinausgeben worden aus gewexlet sohin denselben zum auf Wexl a iedem Gulden 3 xr zusammen bezalt werden müssen 2 fl 30 xr."
Einige Teilabrechnungen geben uns einen ganz besonderen Blick auf die Baustelle:
Der Kelheimer Steinmetz Johann Marx lieferte nicht nur eine eine neue Eingangstür sondern half auch die Teile des alten "Türgerüstes" wieder herzurichten.
Als die nächste Position - nach der Ausrichtung der neuen Tür - steht die Grundsteinlegung.
"Katharina Gebhardin Zinngiessers Wittib in Regensburg welche ein zünners blätl so in den Grundstein gelegt und worauf verschiedene Zeichen und Näme gestochen worden, verfertiget, behalt Scheins
3 fl."
Es ist also durchaus möglich, aufgrund der Aufeinanderfolge der beiden Positionen, dass der Grundstein unter dem diese zinnerne Platte gelegt wurde, eine der Schwellsteine der Eingangstüre gewesen ist.
Noch viel interessanter ist jedoch der folgende Eintrag:
"Andrae Edlwein Schreiner zu Grossenprüfennig hat die Seitenaltär in der alten Kirche abgebrochen, und in dem Kalvaribergkirchel wiedrum aufgesezt. folge zu seinem verdienst empfangen 4 fl 30 xr"
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Foto W. Sack: So sieht der Mittelaufgang zum Altar in der Kalvarienbergkirche heutzutage aus. Ob Teile davon noch aus dem Abbruch der ganz alten Wallfahrtkirche stammen ist -noch - unbekannt. |
Der Streit der am Bau beteiligten geht weiter. Die Briefe zwischen der Kirchenadministration, dem Konsistorium in Regensburg, dem Kastenvogtgericht in Kelheim und dem Pfarrer Hopp gehen hin und her, wobei der Pfarrer mit seinen Vorwürfen gegen eine schlampige Amtsführung des Kastenvogtgerichtsbeamten Paur langsam an Gewicht gewinnen. Dies vor allem, weil Pfarrer Hopp offensichtlich mit recht seine Unterschrift unter die letzte Jahresrechnung - 1773 - verweigerte, weil sich ein Fehlbetrag ergab, den die Kelheimer nicht erklären konnten.
Hopp berichtet von laufend wechselnden Gerichtsschreibern, die nun nicht mehr befragt werden können, listet weitere Verfehlungen der Behörde auf und wehrt sich mit kräftigen Worten dagegen, für sein - seiner Meinung nach korrektes - Verhalten sich solche ehrenrührige Vorwürfe gefallen lassen zu müssen.
Hier eine Schriftprobe eines Anschreibens der Straubinger Kirchenadministration mit einer Aufforderung an den Kastenvogtgerichtsbeamten Paur..
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StA Landshut Kirchendeputation A 93 |
"
Befehl an das Kasten Voggt Ghrt KelheimP:P:
nachdem wir dir dem 3ten Juny abhin den Antworthungs Bhrt: des Pfarrers zu Eulsbrunn Priester wegen den Gottshausbau Ohrt in orgl. gegen remission beygeschlossen haben, solcher aber mit deinem Bhrt: vom 16ten Septb. daraufhin nit remittiert worden. So wird dir hirmit aufgetragen disen förderlich hieher mitzueschicken. Seind dir anbey ..... den 25ten 9br. 1773
Lanz geschrieben
Chf. Regierungsrath Oberdorf legit.
In diesem kurzen Auftragsschreiben der Kirchendaministration in Straubing an den Verweser des Kastenvogtgerichts Kelheim stecken gleich einige interessante Abkürzungen bzw. Details.
P:P: diese ist nicht das Originalschreiben sondern die Rohfassung für den Schreiber bei der sich der Ersteller die Mühe spart, die korrekte formale und höfliche Anrede einzusetzen
Bhrt. = kurz für Bericht
orgl: = orginaliter
remission = Zurücksendung
sind dir anbei etc: auch hier spart sich der Entwerfer des Schriftstücks die Langform, die später für korrekte und höfliche Beendigung solche eines amtlichen Auftrags im Reinschreiben eingesetzt worden ist.
9bris = November
Lanz geschrieben: der Schreiber der Behörde, der dann das Exemplar geschrieben hat, das abgeschickt wurde, hieß Lanz.
legit: der Herr Regierungsrat Oberdorfer hat das Schreiben dann auch gelesen vor dem Abschicken und dies mit seiner Unterschrift bestätigt.
Es wurde das Jahr 1774 und die Argumente des Eilsbrunners Pfarrers Hopp gewinnen zunehmend an Gewicht und es gelingt ihm, dass sich die übergeordneten Behörden seiner Vorschläge annehmen und das Kelheimer Amt somit ausbremsen. Endlich kommt aus München das lange ersehnte grüne Licht für die Anschlussfinanzierung in einem Schreiben an die Straubinger Kirchenadministration:
......." Unsern Grus zuvor, Edler, Liebe Getreue.
Wir haben aus eurem Bericht entnommen, daß die gänzliche Ausführung des Kirchen=Bau zu Ort die von uns bereits ratificirte Überschläge weit übersteiget, und also noch hierzu nach den Überschlägen 3753 fl: 36 xr erforderlich sind.
Wenn nun erwehntes Gotteshaus in dem dermahlig ungebauten Stande nicht verbleiben kann; so wollen wir es hierinnen durchgehends bey eeurem Gutachten belassen: das also nach euren gemachten Vorschlage der Bau vollendet werde. Sind euch anbey mit Gnaden gewogen, München den 25ten Juny ano 1774"
Diesem Bescheid folgt eine mehrseitiges Gutachten über die Kosten der Fertigstellung des Kirchenbaues und nach einem kleinen Restschriftwechsel mit dem KAstenvogtgericht in Kelheim schließt der Akt mit einem Inventarium.
Es geht um den Wert der Münzen und Medaillen - hier "Anhäng" genannt - , die sich in der Wallfahrtskirche befanden.
Extract
Aus dem Inventario des lobwürdigen filial Gottshaus Mariaorth über das verhandene Opfer= und Anhänggeld extragiert den 8ten September 1775
1 grosses Gold Stück in dessen Rand geschrieben steht : Memor ero sui justina virgo
1 Salzburger dukat
1 halbe bajerische Maxdor
45 Underschiedliche alte Thaller, welche mit öhrlen meistens Leschen, und einige hiervon vergoldet sind
17 verschiedene halbe Thaller oder Gulden Stücke
33 Silberne Stücke, so theils in halben Gulden, ganzen= und halben Kopfstücken, dann 17ern bestehen
11 Kaiser Groschen"
Mit diesem Inventarium endet dann der ganze Akt, der gut über 200 Seiten umfasst und uns eine gute Vorstellung davon gibt, wie der Bau der Mariaorter Kirche genau verlaufen ist, welche Schwierigkeiten dabei auftauchten - hervorgerufen durch Unstimmigkeiten in der Bauaufsicht und durch eine allgemeine Wirtschaftskrise - und wie diese dann bereinigt wurden.
Ab hier erarbeiten wir uns neues Material beim nächsten Stammtischtermin im Dezember.
Am Ende noch ein paar harte Fakten aus dem bisher bearbeiteten Akt:
- Mariaorts Grundherr war das Kastenvogtgericht Kelheim.
- Der Neubau der Wallfahrtskirche Mariaort war ursprünglich auf gut 4030 Gulden angesetzt worden.
- Der Eilsbrunner Pfarrer Hopp versprach, in jedem Jahr, solange der Kirchenbau dauern würde, 100 Gulden aus seiner eigenen Tasche zuzuschießen. (Setzt man den Gulden mit bekannten Lebensmittelpreisen aus dieser Zeit in Beziehung - z.B. dem Bierpreis - so liegt die Kaufkraft eines Gulden sicherlich weit über einem heutigen Betrag von 100 Euro, so dass der Kirchenbau in heutiger Währung mindestens 1/2 Million gekostet haben würde und Pfarrer Hopp dabei in jedem Jahr gut 10000 Euro aus seinem Privatbesitz hinzugegeben versprochen hatte.
- Die Ende des 18. Jahrhunderts als wohlhabend geschilderte Pfarrei Eilsbrunn verdankte ihren Reichtum offensichtlich wesentlich auch der prosperierenden Wallfahrt in Mariaort.
In der Eilsbrunner Kirchenrechnung von 1761 (Gemeindearchiv Sinzing) weist die Pfarrei einen Kapitalstock von über 14.000 Gulden aus, von denen der Großteil gegen 5 prozentige Verzinsung ausgegeben war. - Die Grundsteinlegung war am 11.4.1771 und der Rohbau war 10. Oktober 1772 unter Dach und Fach. Bei der Grundsteinlegung wurde eine Zinntafel mit Inschrift vergraben.
- Die Nahrungsmittelkrise - hervorgerufen durch sehr feuchte Sommer und langandauernde Winter der Jahre 1770-1773 ließ die Zinseinnahmen der Pfarrei Eilsbrunn zusammenschmelzen.
- Der Bauplan und die Kostenvoranschläge für den Rohbau stammten von Stadtamhofer Handwerksmeistern, dem Maurer Christoph Thomas Wolf und dem Zimmermeister Johann Rieschammer (an anderer Stelle Rieghammer).
- Pfarrer Hopp benutzte - vielleicht auch plünderte - die Barschaften sowohl der Kirche Eilsbrunn als auch die von Mariaort und Riegling.
- Regensburger Juden wurden benötigt, um die Kleinstmünzen und auswärtigen Münzen, die sich im Zechschrein der Kirche angesammelt hatten, in die gängige Währung und und vor allem in große Münzwerte umzuwandeln.
- Die Seitenaltäre aus der abgebrochenen Wallfahrtskirche wurden in die Kalvarienbergkirche transferiert.
- Das Steingewände und die Stufen des Eingangsbereiches stammen vom abgerissenen Vorgängerbau.